Über das Zweite Vatikanische Konzil (1962 – 1965) gehen die Ansichten weit auseinander.
Von den einen gepriesen als ein neues „Pfingsten“, von den anderen angesehen als eine Katastrophe. Von den einen bejubelt als die „Öffnung der Kirche zur Welt“, von den anderen gerade deshalb verurteilt als ein Verrat an der Kirche – so schwankt das Charakterbild dieser Bischofsversammlung in der Geschichte der letzten Jahrzehnte.

Wer sich ein wohlbegründetes Urteil über dieses Konzil bilden will steht vor dem Problem, wie er es als Ganzes erfassen kann. Der Suchende findet zwar eine unübersehbare Menge von Veröffentlichungen, die jeweils gewisse Aspekte der Konzilsdokumente thematisieren, aber er vermisst ein geistiges Band, das sie verbindet und das ihm zeigt, ob das Konzil ein Segen oder ein Fluch für die Kirche ist.

Welche Bedingung müssten denn die Konzilsdokumente zumindest erfüllen, damit sie ein Segen für die Kirche sein könnten? Sie müssten in Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche durch alle christlichen Jahrhunderte sein und das Neue, das sie bringen, müsste die überlieferte Lehre bestätigen und bekräftigen, denn das ist ja das Echtheitssiegel jeder gültigen Reform in der Kirche.

Beurteilt man das Pastoralkonzil im Hinblick auf diese Bedingung, so erweist es sich als ambivalent, denn es gibt neben zahlreichen traditionskonformen Passagen in den Konzilstexten auch solche, die entweder zwielichtig sind oder sich offensichtlich nicht mit der traditionellen Lehre der Kirche in Übereinstimmung befinden. Deshalb kann man in den Konzilsdokumenten neben einer traditionskonformen Linie eine revolutionäre Linie nachweisen.

Die revolutionäre Konzilslinie ist in der Tat das Spektakuläre an diesem Konzil, weshalb sie im Mittelpunkt unseres Hörspiels steht.
Ihre Wurzel besteht darin, dass das Konzil ein neues Selbstverständnis der katholischen Kirche festschrieb.
Aber warum veränderte denn das Konzil das Selbstverständnis der katholischen Kirche?
Weil es sowohl das Verhältnis der Kirche zur Welt als auch ihr Verhältnis zu den anderen Religionen auf eine neue Grundlage stellen wollte. Diese zweifache Umorientierung war auf der Grundlage des traditionellen Selbstverständnisses der Kirche nicht möglich, und deshalb mussten die Revolutionäre zunächst ihr Selbstverständnis verändern.
Das ist die logische Grundstruktur der Revolution, die dieses Konzil in Gang setzte.
Die Idee des Hörspiels besteht nun darin, die beiden Konzilslinien sozusagen zu inkarnieren, indem es sowohl die negative Konzilslinie als auch die positive Konzilslinie in das Denken je eines fiktiven Konzilsvaters hineinlegt.

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